Dienstag, 15. Januar 2013
Weihnachten unter Palmen oder: Let's go to Nellyville!
Leider ist Weihnachten ja schon vorbei, aber nun möchte ich Euch von unserer Reise erzählen.

Zunächst war ich am Tag unserer Abreise sehr, sehr müde, da unser Supervisor Daniel Luisa und mich (Darleen war schon in Auckland) am Vorabend eingeladen hatte, doch mal das "Nightlife" in Napier zu "experiencen". Das war ein langer, unterhaltsamer Abend in den kaschemmenartigen Clubs Neuseelands.

Hier war Weihnachten recht alternativ; zuerst sind Cory und ich mit dem Bus nach Wellington und haben dort den Nachmittag im "Te Papa", dem neuseeländischen Nationalmuseum, verbracht. Das war umsonst und sehr gut gemacht! Dort kann man sehr lang Zeit verbringen, so viel gibt es zu sehen. 
Danach sind wir zum Parlament gelaufen, weil Cory da ja uuunbedingt hinmusste, die Stufen hochgejachtert, haben uns ablichten lassen und wieder weg und ab zur Fähre. Mein Rucksack bohrte sich unangenehm in Hüften und Schultern, aber Meckern hätte auch nichts geholfen. An der Railway Station  offenbarte sich mal wieder der skurille Humor der Kiwis, gab es doch tatsächlich ein Gleis 9 3/4. ;-) (Für die Harry-Potter-Kenner unter uns)
Irgendwann waren wir dann auch endlich auf der "Interislander", der Fähre von zwischen Nord- und Südinsel, die seit 50 Jahren verkehrt. Wir aßen Schokolade, die mir unser Supervisor bei den Himbeeren, Daniel, zusammen mit einem Geschenk der Company (Blueberries, Tomaten, Paprika) geschenkt hatte. 
Als wir doch recht müde wurden (die Nacht hatten wir nur 2h Schlaf), schliefen wir auf den Sofas im Gang. Naja, zumindest so lange, bis uns 1. permanentes, penetrantes Babygebrüll und 2. die Durchsagen der Fähre weckten. 
Ziemlich fertig wackelten wir aus der Fähre, holten unser Gepäck und liefen durchs nächtliche Städtchen Picton. In einer öffentlichen, sprechenden ("The door is locked now! You've got ten minutes maximum time of use!") und ihre Benutzer mit dröhnender Klaviermusik beschallender Toilette machten wir uns fertig.
Als echte kiwi experience durfte eine Nacht im Freien, in den malerischen Marlborough Sounds, natürlich nicht fehlen.

Von Picton nach Nelson (spaßhaft "Nellyville" genannt) ging es dann per Anhalter weiter.
Schon nach einigen Minuten hielt ein Kleinbus, dessen Kofferraum gefüllt mit Handwerkszeug war. Wir schoben uns neben den freundlichen Fahrer und Cory stellte ziemlich blauäugige Fragen, die mich ziemlich wunderten. 
Nachher erklärte er mir, dass er den Fahrer in dem Glauben lassen wollte, dass auch er Tourist wäre, denn er hatte sich vorher ja auch aus taktischen Gründen mit meinem großen Rucksack an die Straße gestellt. Touristen werden also viel eher mitgenommen als Einheimische.

In Blenheim (sprich: "Blenham") war Endstation und der nächste Hitch Hike stellte sich als Geduldsprobe heraus. Wir standen und standen und standen und liefen und liefen und liefen, weil uns ständig jemand erzählte, wir sollten unseren Standpunkt doch nach da und da verschieben. 
Schließlich stießen wir auf einen netten jungen Mann, der uns zwar nicht mitnehmen konnte, dafür aber in sein Haus lief und nach einigen Minuten mit einem astreinen Holzschild mit der Aufschrift "Nelson for Christmas" wieder herauskam. Das "for Christmas" war natürlich auch wieder ein Griff in die Hitchhiker-Zauberkiste, man drücke damit ja richtig auf die Tränendrüse, wie uns der Mann noch mal klarmachte.

 Voll ausgerüstet starteten wir einen neuen Versuch und hatten Glück: Eine Frau hielt an und brachte uns netterweise zum perfekten "Hitch hiker's point" (inoffiziell natürlich), an dem wir wieder Glück hatten und gleich von zwei jungen Amerikanerinnen aufgesammelt wurden. 
Nach ca. 1 1/2 h kurviger Fahrt vom wolkigen Blenheim ins sonnige Nelson war ich echt froh, endlich da zu sein! Es war heiß und ich hatte unter meiner Regenjacke und über meinen anderen gefühlt 3000 Schichten auch noch meine Fleecejacke an! Aaaargh! 

Roger, ein alleinstehender Opi in seinen Siebzigern, der Cory mal nach Nelson mitgenommen hat, erwartete uns bereits.
Nach einer Dusche und einer Schale Weetbix (wir hatten den ganzen Tag noch nichts gegessen) ging's uns schon viel besser und wir gingen hinunter in die Stadt zur All Saints Kirche, in der der Gottesdienst gerade vorbei war. Es wurden Kekstüten und Eis in Waffeln ausgeteilt. :-)
Anschließend machten wir noch einen kleinen Walk durch Nelson, sahen uns Queen's Gardens -einen hübschen Park- sowie den japanischen Garten an. Ich sah mir mit freundlichem Interesse die Rasenflächen an, auf dem das erste und das dritte Rugbyspiel Neuseelands stattgefunden hatten und schaute auf zur einem Hügel (im deutschen Verständnis wohl eher ein Berg), auf dessen Spitze sich die Mitte Neuseelands befinden soll. Fast hätte Cory mich dort an dem Tag noch mit hochgeschleppt, sah dann aber ein, dass das mit Flip-Flops vielleicht nicht so eine gute Idee ist. ;-)

Wir liefen durch die in-between-street, auf dessen hügeliger Seite die Reicheren Nelsons wohnen und auf dessen flacherer Seite die Ärmeren zu Hause sind. 
Nach einem kurzen Küstenbesuch gingen wir wieder zurück; auf unserem Heimweg trafen wir auf eine Menschenmenge und entdeckten, dass sie den "Carols on the Cathedral Steps" lauschten, d.h. verschiedenen Chören und einem Orchester, die englische Weihnachtslieder sangen/spielten. Schnell liefen wir noch mal nach Hause, um mein Handy zu holen, weil ich ein paar Fotos machen wollte. 
Als wir wiederkamen, war die ganze Veranstaltung schon fast vorüber, es wurde gerade "White Christmas" (paradoxerweise unter den Palmen dort) gespielt. Wir sangen noch einmal aus voller Kraft "Rudolph the Red Nosed Reindeer" als informellen Abschluss, danach folgte "We Wish You a Merry Christmas". Wir stiegen die Stufen zur Christ Church Cathedral hoch und betraten die Kathdrale allerdings nur kurz; die ganze Atmosphäre mit dem schummrigen Licht und den hübsch geschmückten Weihnachtsbäumen erinnerte mich total an zu Hause und ich wollte entgegen meiner Pläne doch um halb 12 in den Gottesdienst gehen. Wir hatten noch eine Stunde, aber auch einen Bärenhunger und schafften es im Endeffekt dann doch nicht zum Gottesdienst. 
Waren wir jedenfalls im nächsten am Morgen des 25. nicht so müde. 
Dieser Service war 1000 mal informeller als unsere (Weihnachts-) Gottesdienste, was ich weder als gut oder als schlecht bewerten kann. Interessant auf jeden Fall!
All Saints ist eine anglikanische Kirche, wie fast alle hier. Als zum Hinknien gebeten wurde, bin ich als stolze Protestantin (jaja, so ist das) natürlich obengeblieben. ;). Sind aber eh nur relativ wenige runtergegangen. Beim Abendmahl (ja, an Weihnachten) habe ich dann zu spät geschaltet und schwuppsdiwupps fand ich mich dann doch knieend (?!) vorn am Altar wieder. Ich konzentrierte mich auf meinen Nebenmann und machte brav nach, was er machte, als ihm Oblaten und Wein gereicht wurden, sodass das Abendmahl ohne größere Kathastrophen verlief..
Orgel wurde nicht gespielt, stattdessen begleitete eine Band die schon fast brüllende Gemeinde. Hauptsache laut! Noten? Tonlagen..?? 
Auch das Gesangsbuch wurde nur ein einziges Mal gebraucht, ansonsten wurde alles mit ein paar Screens abgewickelt. Vaterunser wurde auch über Bord geworfen, schade. 
Insgesamt war der Gottesdienst zwar herzlicher und wärmer (nicht zuletzt den Temperaturen zu verdanken), aber die ganze Informalität sorgte dafür, dass das Fest einen großen Teil seiner Feier- und Besinnlichkeit einbüßte. 
Im Anschluss wurden wieder Kekstüten verteilt, von denen wir ganze vier mit nach Hause nahmen, weil sie aus Höflichkeit irgendwie sonst keiner mitnehmen wollte. Außerdem gab es viele klebrige Süßigkeiten. :-) 
An diesem heißen Dienstag gingen wir abends im Nelson River schwimmen. Das war wirklich erfrischend bei der Hitze. 
Am Mittwoch bummelten wir morgens durch das auf einmal belebte Nelson.
Später nahm uns Roger mit auf eine kleine Spritztour durch Nelson und brachte uns dann zum Tahunanui Beach. 
Wir suchten uns ein gutes Plätzchen, waren voll präpariert, als- ich bemerkte, dass ich meine Sonnencreme, die sonst IMMER in meinem Rucksack ist, vergessen hatte. Also alles noch mal zusammengerödelt und neue Creme gekauft. 2nd try! 
Das Wasser war relativ warm und es war schön, darin herumzuplanschen oder sich von den Wellen tragen zu lassen. 
Zurück mussten wir laufen, ca. eine Dreiviertelstunde, die sich durch Regen etwas verlängerte. 
Abends lud uns Roger in seine Sauna + Spa Pool ein und so saß ich zum ersten Mal in einer Sauna und schwitzte bei mickrigen 85 Grad wie ein Tier. 
Ach ja: Rogers goldene Regel für seine Sauna ist: komplette Nacktheit! War aber alles kein Problem.

Am nächsten Morgen trafen wir Corys besten Freund Will, der schon 29 ist. War eine sehr interessante Begegnung!
Am Nachmittag fuhren wir mit Roger zum Kaiteriteri Beach und Cory und ich warfen uns in die kalte Flut. Ich sammelte auch ein paar schöne Muscheln auf dem goldenen Sand. 
Roger zeigte uns noch ein bisschen die Umgebung, wobei wir beiden Jungspunte aus Versehen in einer Art Hippiesiedlung landeten, deren Bewohner von dem leben, was der Verkauf ihrer vielfältigen Schnitzereien
etc hergibt. 
Der Trip nach Nelson hat sich also gelohnt! Wir hatten viel Spaß, gute Gespräche und auch mein Englisch hat sich verbessert, dass manche Leute, denen ich vorgestellt wurde, dachten, ich käme ganz und gar aus der Hawkes Bay, Neuseeland.
Eine rundum tolle Reise, eine wahre kiwi experience!

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